Mit dem Thema Betriebsintegrierte Berufsbildung - das Tor zur Vermittlung lud der Verein UN-Konventionell e.V. zu seinem diesjährigen Fachtag ein. Der Fokus lag auf den Erfolgsfaktoren, die Unterzeile lautete "Wie sie gelingt und was sie braucht". Corona-bedingt fand die Tagung diesmal in Online-Form statt. Das erleichterte die Teilnahme, die aufwändige Anreise nach Frankfurt entfiel. Die Teilnehmerzahl verdoppelte sich gegenüber den Vorjahren auf über 100.
Bamberg: Beispiel für Wahlfreiheit und Selbstbestimmung im BBB
Das fachliche Resümee: Betriebsintegrierte Berufsbildung kann die Übergänge in den Arbeitsmarkt in der Tat deutlich erhöhen und lässt sich gut in den BBB-Ablauf einbauen. Als ein Beispiel unter mehreren belegte dies der Bericht von Kuno Eichner von der Lebenshilfe Bamberg. Die Bamberger bieten ihren BBB-Teilnehmern Erprobungen und Praktika in Betrieben gleichrangig neben der Qualifizierung in den Werkstattabteilungen und überlassen ihnen die Wahl, welche Möglichkeiten sie im Verlaufe ihrer BBB-Zeit erproben wollen. Das Ergebnis ist überraschend: Etwa die Hälfte ihrer Berufsbildung verbringen die BBB-ler in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes und ebenfalls rund 50 Prozent der Absolventen wechselt nach dem BBB auf einen Außenarbeitsplatz oder ins Budget für Arbeit.
Wesentlich für diesen Erfolg ist die Tatsache, dass die Bamberger Werkstatt in ihrer Abteilung Integra Mensch über ein gut ausgebautes und professionelles Team von Jobcoachs verfügt. Der Bereich fungiert als eigenständiger Werkstattbetrieb und richtet sich methodisch nach den Prinzipien der Sozialraumorientierung aus. Anleiter und Bildungsbegleiter, die BBB-Teilnehmer in Betrieben unterstützen, sind in das Integra-Team integriert, die BBB-Anleiter in den Werkstattstandorten in die Produktionsteams. Die Praxisanleitung der BBB-Teilnehmer ergänzen die Bamberger durch fachliche Theoriemodule. Sie enden mit Kammer-zertifizierten Abschlüssen.
Das Bamberger BBB-Konzept steht beispielhaft für eine personenzentrierte Berufsbildung in der Werkstatt, die Selbstbestimmung und Wahlfreiheit ernst nimmt und eine Tätigkeiten im Arbeitsmarkt ebenso ermöglicht wie die Arbeit in der WfbM.
Die Anforderungen der Agentur und die Anderen Leistungsanbieter
Florian Fellner, Teamleiter Rehabilitation bei der Agentur für Arbeit Hamburg, stellte die Anforderungen des Leistungsträgers an die Berufsbildung der Werkstatt vor. Für die Agentur sei die Qualifizierung nicht an den Lernort Werkstatt gebunden. Ein wesentliches Ziel sei die Integration in den Arbeitsmarkt und deshalb unterstütze die AfA die betriebsintegrierte Form des BBB ausdrücklich. Das gelte ausdrücklich auch für die Anderen Leistungsanbieter, die ja gerade deshalb zugelassen würden, weil sie die Vermittlungsquote verbessern sollten.
Anton Senner, langjähriger Geschäftsführer der BAG Integrationsfirmen und der Elbe-Werkstätten in Hamburg hat schon rund ein Dutzend Organisationen und Einrichtungen auf ihrem Weg zu einer Leistungsvereinbarung als Andere Leistungsanbieter begleitet. Er dämpfte die Erwartungen an diese Alternative zur herkömmlichen WfbM. Die formalen Hürden seien hoch, das Zulassungsverfahren nur mit dem entsprechenden Know-how zu bewältigen. Die Zahlen sprächen eine deutliche Sprache: REHADAT liste derzeit gut 50 zugelassene Anbieter mit einer Platzkapazität von insgesamt 500 Plätzen auf. Eine kleine Zahl, gemessen an den 760 anerkannten Werkstätten mit 330.000 Plätzen. Aber die BBB-Plätze der Newcomer seien in der Tat meistens betriebsintegriert und übten Druck auf den Werkstätten aus, sich entsprechend zu positionieren.
Wie man Betriebe gewinnt
Christian Münch von der Industrie- und Handelskammer Hagen war in der Expertenrunde der Fachmann für die Kommunikation mit Unternehmen, insbesondere für deren Erwartungen an die Beschäftigten und an die Werkstätten. 25 Jahre lang war er in verantwortlicher Position in einer WfbM tätig, wechselte dann zur IHK und ist jetzt in deren Auftrag, wie er sagt, ein "Vermittler und Brückenbauer für Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt". Er dementierte die oft geäußerte Ansicht, Betriebe seien Verhinderer der Integration oder zumindest ihr Nadelöhr. Allerdings, so Münch, seien Betriebe auf die Unterstützung und auf Informationen seitens der Werkstätten angewiesen. Positive Erfahrungen anderer Betriebe mit Werkstattbeschäftigten wären zusätzlich ein guter Türöffner. Er riet den Werkstätten zu vielen persönlichen Kontakten mit Unternehmen und zur Vernetzung mit allen potenziell beteiligten Akteuren und Organisationen. Unterstützung fand dieser Appell durch den Reha-Leiter der Hamburger Arbeitsagentur, Florian Fellner, und durch den Vermittlungspraktiker Kuno Eichner. Letzterer hat, wie er sagte, durch "fallunspezifische Kontaktpflege" etwa doppelt so viele offene Stellen akquiriert, wie er derzeit mit vermittlungswilligen Werkstattbeschäftigten besetzen kann.
Der BBB stellt die Weichen für die berufliche Zukunft
Die Ausgangsthese der Veranstaltung vom "betriebsintegrierten BBB als Tor zur Vermittlung" bestätigten auch die drei Tagungs-Workshops mit Praxisbeispielen aus den Werkstätten in Iserlohn, in Würzburg und von alsterarbeit in Hamburg. Eine Botschaft: Der Berufsbildungsbereich stellt die Weichen für die berufliche Zukunft der Teilnehmer. Die entscheidende Voraussetzung für echte Wahlfreiheit sind Erprobungs- und Erfahrungsräume auch im betrieblichen Umfeld. Mit der Ausgestaltung des BBB sozialisiert die WfbM die Teilnehmer in die eine oder andere Richtung. Diese knüpfen in ihrem neuen Arbeitsumfeld schnell Kontakte, gehen Bindungen ein und entwickeln Gewohnheiten, die sie für ihr späteres Berufsleben prägen. Kennen sie nur das Werkstattumfeld, bleibt es meist auf Dauer bei der WfbM, machen sie Erfahrungen in Betrieben, wird die Tätigkeit dort zu einer wahrscheinlichen Option.
Die Erfolgsfaktoren betriebsintegrierter Berufsbildung
Allerdings ist betriebsintegrierte Berufsbildung kein Selbstläufer, der Erfolg nicht automatisch garantiert. Die Qualifizierung im betrieblichen Umfeld braucht eine andere Vorgehensweise als die in der Werkstatt. Die Rolle des Anleiters im Betrieb ist die eines Vermittlers und Moderators. Er muss stets die betrieblichen Belange und Abläufe im Blick behalten, ist gleichermaßen für den Teilnehmer wie für den Betrieb da. Berufliche Bildung im Betrieb ist deshalb eine Aufgabe, die eine spezielle Qualifizierung erfordert. Betriebsintegrierte Berufsbildung sollte zudem - wie im Beispiel Bamberg - in ein Vermittlungsteam eingebunden, aber gleichzeitig gut mit den anderen BBB-Angeboten verzahnt sein. Die Erkenntnis der Veranstaltung bezüglich ihres Untertitels - "Betriebsintegrierte Berufsbildung, wie sie gelingt und was sie braucht" - lautete: Es braucht ein gut durchdachtes BBB-Konzept, das einen gleichwertigen Zugang zur betriebsintegrierten Tätigkeit ermöglicht und dass den unterschiedlichen Anforderungen der unterschiedlichen Bildungs- und Berufswege gerecht wird. Und es braucht motivierte und flexible Mitarbeiter, die gut geschult sind. Ist dies gegeben, wird die betriebsintegrierte Berufsbildung tatsächlich zu einem Tor zur Vermittlung.
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